Marcel Breuer, Ludwig Mies van der Rohe, Mart Stam: Wer sich für Stühle der besonderen Art interessiert, begegnet unweigerlich den ganz großen Designern. Im berühmten Bauhaus-Stil entwarfen Breuer und Co. ihre auf dem ganzen Globus bekannten Freischwinger. Inspiriert hat sie der Größte unter den Großen, der wohl einflussreichste Architekt und Designer unserer Zeit: Walter Gropius. Gropius steht für Bauhaus und Bauhaus steht für Gropius.
Das „Neue Bauen“
Walter Gropius gilt als Begründer der modernen Architektur, er ist eine Ikone in seinem Feld. Das Schaffen des 1969 verstorbenen Gropius ist nach wie vor richtungsweisend für Kunst, Design und Architektur.
Das Fundament für seinen Ruf als Avantgardist legte Gropius im Jahr 1911 mit dem Bau des Fagus-Werks im niedersächsischen Alfeld an der Leine. Der Fabrikbau mit seiner Stahl- und Glasbauweise setzte einen bis dato ungekannten und viel beachteten Kontrapunkt zum in dieser Zeit vorherrschenden Historismus und dem im Wortsinn noch recht jungen Jugendstil. Inspiriert von Gropius, waren modernistischen Strömungen in der Architektur fortan nicht mehr einzudämmen. Das „Neue Bauen“ und die „Neue Sachlichkeit“ setzten die Trends der zeitgenössischen Baukunst. Das Fagus-Werk ist heute Weltkulturerbe der UNESCO.
Die Geburt des Bauhauses
Früh übt sich: Der junge Gropius wollte nicht weniger als eine Revolution der Baukunst anstoßen. Vom Ersten Weltkrieg schwer gezeichnet, forderte der 1883 in Berlin geborene Architektensohn als damaliges Mitglied des 1921 aufgelösten „Arbeitsrat für Kunst“ bereits kurz nach Kriegsende die Niederreißung aller Kriegsdenkmäler und das „Primat der Architektur“. Hoch gegriffen für einen, der schon da auf Unterstützung wohlgesonnener Mitstreiter angewiesen war und zeitlebens bleiben sollte, weil er es schlicht nicht fertigbrachte, seine Ideen zu Papier zu bringen. Einfach weil er ein miserabler Zeichner war. Rückblickend allerdings kaum der Rede wert, wenn man als seiner Zeit voraus und der Nachwelt als Visionär gilt.
Ab 1919 durfte sich der Avantgardist Walter Gropius Direktor der Großherzoglich-Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst in Weimar nennen. Die Einrichtung selbst benannte Gropius prompt in „Staatliches Bauhaus in Weimar“ um. In der geschichtsträchtigen thüringischen Kulturstadt war eine Marke geboren, die ihrerseits Geschichte schreiben sollte. Heute sind dort im Bauhaus Museum Gropius‘ Werke ausgestellt. Und wer heute wo auch immer auf der Welt das Studium der Architektur beginnt, weiß um Gropius` Bedeutung für die Welt der Architektur.
Grundstein für den Plattenbau
Worauf Studierende früher oder später aber auch stoßen werden: Gropius Vorstellungen, Konzepte, Ideen und letztendlich deren Verwirklichung waren und bleiben nicht unumstritten. Gropius beschäftigte sich ab etwa 1926 mit dem Städtebau, konkret mit dem Massenwohnbau. Kritiker der Zeit bemängelten, dass er in seinem Streben nach Effizienz und Normierung von Wohnbauten die Bedürfnisse derer, die letztendlich wohnen sollen, außer Acht gelassen habe. Form und Funktionalität seiner Entwürfe wurden öffentlich und öffentlichkeitswirksam in Frage gestellt. Ungeachtet dessen legte Gropius den Grundstein für Plattenbauten in Satellitenstädten, ehe er 1934, von den Nationalsozialisten verpönt, nach London emigrierte und schließlich 1937 in die USA umsiedelte, wo er als Professor an der „Graduate School of Design“ lehrte.
Kurz nach seiner Ernennung zum Ehrenmitglied der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart verstarb Walter Gropius 1969 im Alter von 86 Jahren in Bosten. Sein Erbe ist ein Stil, der nicht nur eine Epoche geprägt hat, sondern ganz grundlegend und für alle Zeiten die Architektur und das moderne Design selbst.
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