Coconut Chair – das klingt nach Urlaub, nach Genuss, nach Seele baumeln lassen. Tatsächlich hatte US-Design-Legende George Nelson genau das im Sinn, als er der Welt 1958 eine wahre Ikone des Stuhldesigns präsentierte.
Der Coconut Chair – „Bequem wie eine Hängematte“
Der Coconut Chair macht seinem Namen alle Ehre. Seine dreieckige, angerundete Sitzschale gleicht dem Stück einer Kokosnuss, die man in acht Teile geschnitten hat. Opulent und betont lässig wie er ist, verschwimmen beim Coconut Chair die Grenzen zwischen Sitzen und Liegen. Über sein Meisterwerk sagte George Nelson einst: „Ich habe einen Stuhl entworfen, der so bequem wie eine Hängematte, so einladend wie eine Umarmung und so elegant wie eine Skulptur sein sollte.“
Anders aber als die Tropenfrucht ist der Coconut Chair, den hierzulande das Schweizer Unternehmen Vitra vertreibt, außen weiß. Das „Innere“, sprich der Polsterbezug, ist aus Hopsack, einem schweren Mantelstoff, und aus Glattleder zu haben. Die Farbpalette für beide Materialien ist lang.
Glasfaserverstärkter Kunststoff trifft glanzverchromten Stahl
Was den Coconut so populär macht, ist seine Vielseitigkeit. Ob ins Wohnzimmer oder in die Firmenlounge: Er passt. Die weiße Schale ist aus mit Glasfaser verstärktem Kunststoff gefertigt. Getragen wird sie von einem glanzverchromten Stahlrohrgestell. Derart hochwertig gefertigt, ist der Coconut Chair gekommen um zu bleiben. Ganz so wie sein Erdenker George Nelson.
Altbundeskanzler Helmut Schmidt wird gern zitiert mit dem Satz „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“. Oder man macht es wie George Nelson und wird einer der bedeutendsten Designer und Architekten seiner Zeit – wenn nicht sogar aller Zeiten. Den was Nelson schaffte, war nicht weniger als visionär. So gilt er als geistiger Vater des Einkaufszentrums und des Großraumbüros. „Think big“: Darunter machte es Nelson nicht.
Nelsons Coconut Chair hätte es ohne Unwetter nie gegeben
Geboren wurde George Nelson 1908 in Hartford, Hauptstadt des US-Bundesstaats Connecticut. Von 1924 bis 1928 studierte Nelson, dessen Eltern eine Drogerie besaßen, an der Yale University. Seinem ersten Abschluss in Architektur ließ er 1931 einen Abschluss in Fine Arts, zu Deutsch etwa „Die Freien Künste“, folgen. Die Legende will es, dass der junge Nelson gar nicht vorhatte, Architektur zu studieren. Bis er eines Tages, um sich vor heftigem Regen zu schützen, Unterschlupf in einem Gebäude gesucht haben soll. Es war das Lehrgebäude für Architektur in Yale.
Ein Jahr später, wir schreiben das Jahr 1932, erhielt Nelson den Rompreis, einen Kulturpreis der American Academy of Rome. Sein Gewinn: Ein Stipendium in der Ewigen Stadt. Zwei Jahre lang studierte er in Rom Architektur, ehe er als Autor und Redakteur für Fachzeitschriften wie das Architectural Forum oder Pencil Points quer durch Europa reiste.
Er interviewte Designer von Weltrang wie Ludwig Mies van der Rohe, präsentierte und diskutierte in seinen Texten dessen Werke. Wie auch die des Bauhaus-Gründers Walter Gropius oder Star-Architekt und -Designer Charles-Édouard Jeanneret, besser bekannt als „Le Corbusier“.
Nelson arbeitet mit den Stars der Branche zusammen
Erst 1945, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs auf europäischem Boden, kehrte Nelson in die Vereinigten Staaten zurück. Er heuerte beim Möbelproduzenten Herman Miller an, wo er bis 1954 blieb. Und das obwohl er laut eigenem Bekunden bis dato noch nie mit Möbeln gearbeitet hatte.
Bei Miller waren sie nicht gerade bekannt dafür, Extravagantes zu tischlern. Bis Nelson 1947 die Position des Director of Design übernahm. Etwa zur gleichen Zeit gründete er ein Designbüro, wo er Kontakte zu den berühmtesten Köpfen seiner Zeit knüpfte. Bis zur Aufgabe des Direktorpostens im Jahr 1972 sollte Nelson mit absoluten Star-Designern wie den Brüdern Ray und Charles Eames, Isamu Noguchi und Richard Schultz zusammenarbeiten. Allesamt hatte er sie für eine Kooperation mit Herman Miller begeistert.
Retrospektive zu Nelsons Werken im Vitra Design Museum
Nelsons Design-Philosophie war denkbar einfach: Gutes Design soll sowohl ästhetisch ansprechend als auch funktional sein. Er glaubte an die Verschmelzung von Kunst und Technologie. Sein erklärtes Ziel: Produkte schaffen, die das Leben der Menschen verbessern. Zur Wahrheit gehört aber auch: Des Öfteren soll Nelson fremde Designs als seine eigenen Entwürfe proklamiert haben.
Heute sind seine Arbeiten in Museen auf der ganzen Welt ausgestellt, darunter das Museum of Modern Art in New York. Im Jahr 2008 zeigte das Vitra Design Museum in Weil am Rhein eine Retrospektive zu Nelson anlässlich seines 100. Geburtstag. Doch das sollte der so Geehrte nicht mehr erleben: Bereits 1986 starb George Nelson im Alter von 77 Jahren in seiner Wahlheimat New York.
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